Sieben große, zusammenhängende Urwaldgebiete sind die letzten Schatzkammern der Artenvielfalt. Millionen Tier- und Pflanzenarten sind in den fantastischen Sieben
zu Hause. Aber auch für unzählige Ureinwohner sind diese Wälder noch heute Heimat und Lebensraum.
Doch die Wälder sind bedroht. So unterschiedlich ihre Vegetation und Artenvielfalt auch ist, so verschieden sind die Ursachen ihrer Zerstörung. Jedes Jahr schwinden 15 Millionen Hektar, eine Fläche dreimal so groß wie die Schweiz. Um die letzten intakten Urwälder — heute nur noch rund 20 Prozent der ursprünglichen Fläche — zu retten, müssen dringend Schutzgebiete eingerichtet werden.
Greenpeace macht es sich zur Aufgabe, die komplexen Ökosysteme und artenreichen Lebensräume zu erhalten.
Der Regenwald am Amazonas
In einem riesigen Kreis rund um das südamerikanische Amazonasbecken befindet sich das größte Regenwaldgebiet unserer Erde. Mit etwa sechs Millionen Quadratkilometern ist seine Fläche so groß wie zwei Drittel Europas. Damit spielt es eine sehr wichtige Rolle für das Weltklima. Zudem besitzt der Amazonas-Regenwald eine bemerkenswerte Biodiversität: Wissenschaftler vermuten hier die Hälfte aller Tier- und Pflanzenarten der Erde.
Kennzeichnend für die Regenwälder entlang des Amazonas und seiner Nebenflüsse sind die weitflächigen Überschwemmungsgebiete. Im Igapo, d.h. im gefluteten Wald stehen die tiefergelegenen Areale mit Beginn der Hauptregenzeit für vier bis sieben Monate unter Wasser. Zudem finden sich nirgendwo so viele Kilometer breite Mäandersysteme. Der Amazonas selbst ist der größte Fluss der Welt mit dem weitesten Zuflussgebiet. Das Kronendach des Regenwaldes ragt in eine Höhe von bis zu 50 Metern.
Artenvielfalt
Neben zehntausenden Pflanzenarten und Millionen verschiedener Insekten leben im Amazonas-Gebiet mehr als 400 Säugetierarten. Es ist auch die Heimat des Jaguars, der seine Beute im Sprung tötet während er sich lautlos vom Baum fallen lässt. Ebenso lebt dort der Affe Uakari, dessen Fell dem des Orang-Utans ähnelt, dessen Gesicht aber ohne jedes Haar ist. Das ermöglicht ihm, sein Minenspiel zu differenzieren und soziale Strukturen aufzubauen. Durch die Fluten des wasserreichsten Stromes der Erde schwimmen außerdem Tapire und Fluss-Delphine. Nach der Regenzeit sinken die Wasserspiegel des Amazonas. Dann versammeln sich auf bestimmten Schlammbänken tausende von Schmetterlingen: Sie nehmen abgelagerte Mineralstoffe auf.
Indigene
Zusätzlich ist der Urwald der Lebensraum vieler Menschen. Das größte indigene Gebiet in Brasilien ist das der Yanomami. Die Yanomani leben als Halbnomaden im Regenwald des Amazonasbeckens. Sie leben von und mit dem Wald. Ihre traditionellen Anbau- und Jagdmethoden berücksichtigen das jahrhundertealte Wissen, dass die Reserven des Urwaldes nicht unerschöpflich sind. Deshalb legen sie immer nur kleine Felder an und ziehen nach einiger Zeit weiter, sodass sich Wild, Fisch und Pflanzen erholen können. Ihre Landrechte werden jedoch von der „modernen“ Gesellschaft oft missachtet – zu Gunsten von Industrie und Wirtschaft.
Bedeutung für das Klima
In Vegetation und Böden des Amazonas-Regenwaldes sind schätzungsweise 80 bis 120 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gespeichert. Bisher ging man davon aus, dass ein so großes Wald-Ökosystem dazu beiträgt, Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Atmosphäre zu binden und damit die Klimaerwärmung zu verlangsamen. Studien deuten jedoch darauf hin, dass sich dieser Effekt neuerdings umkehrt: Durch Waldbrände, Bodenverdichtung und Austrocknung setzt der Amazonas-Regenwald an einigen Stellen bereits heute mehr Klimagase frei als er aufnimmt. Dieser Prozess bestärkt sich selbst, denn die daraus folgende Klimaerwärmung führt zu einer weiteren Schwächung des Wald-Ökosystems. Dies könnte, ähnlich wie das Abschmelzen des arktischen Eises, ein unumkehrbarer Kipppunkt für das globale Klima sein.
Zerstörung
Die ursprünglichen Urwaldflächen sind mittlerweile stark verringert und weiterhin werden jedes Jahr riesige Flächen zerstört. Dabei ist der Handel mit wertvollen Tropenhölzern ein naheliegender Grund, aber schon lange nicht mehr der wichtigste Faktor für Abholzungen.
Brandrodungen zur Schaffung landwirtschaftlicher Flächen tragen inzwischen weit mehr zur Entwaldung im Amazonas-Gebiet bei. Wichtige landwirtschaftliche Produkte von diesen Flächen sind Rindfleisch und Soja. Im Jahr 2006 wurde zwar mit dem sogenannten „Soja-Moratorium“ ein großer Erfolg erzielt – große weltweit agierende Soja-Händler waren eine Verpflichtung eingegangen, kein Soja von neu gerodeten Flächen im Amazonas-Regenwald mehr zu verkaufen. Jedoch wurde seither vielfach beobachtet, dass Flächen gerodet und zunächst einige Jahre als Rinderweiden genutzt wurden, bevor dann doch Soja angebaut wurde. Beides, Fleisch und Soja (vor allem als Tierfutter), wird auch in großen Mengen international verschifft, bis nach Europa.
Mit der Schaffung von landwirtschaftlichen Flächen geht zudem Straßen- und Siedlungsbau einher, durch den oft weitere Waldzerstörung stattfindet. Aber nicht nur für die Landwirtschaft werden Straßen gebaut, sondern auch für den Abbau von Bodenschätzen. Insbesondere der illegale Goldabbau ist ein Problem für den Amazonas. Dabei werden nicht nur Bäume gefällt und Grabungen durchgeführt, sondern es wird auch giftiges Quecksilber eingesetzt, um das Gold aus dem Gestein herauszulösen. Bei der anschließenden Erhitzung des Gold-Quecksilber-Gemisches verdampft das Quecksilber und das reine Gold bleibt zurück. Die Quecksilber-Dämpfe schaden den Menschen und Tieren, die im Urwald leben. Außerdem werden umliegende Gewässer, und nicht zuletzt das Grundwasser, verseucht.
Einfluss durch Politik und Wirtschaft in Europa – Das EU-Mercosur-Abkommen
Vor mehr als 20 Jahren begannen Gespräche zwischen der Europäischen Union (EU) und den Ländern des Mercosur-Wirtschaftsraumes (ein Verbund der Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) über ein Freihandelsabkommen. Im Jahr 2019 wurde der Vertragstext für fertig erklärt. Jedoch wurde das Abkommen noch nicht ratifiziert – unter anderem aufgrund von Bedenken einzelner Länder wie Österreich, deren Regierungen Umweltschutz und Sozialstandards nicht ausreichend berücksichtigt sehen. Auch in Deutschland haben sich fast eine halbe Million Menschen in einer Unterschriftensammlung von Greenpeace gegen das Abkommen ausgesprochen.
Das EU-Mercosur-Abkommen soll bestimmte Zölle senken, damit der Handel mit einigen Produkten einfacher wird. Begünstigt werden vor allem den Import landwirtschaftlicher Produkte und von Rohstoffen aus dem Mercosur nach Europa sowie den Export von Maschinen und chemischen Erzeugnissen aus der EU nach Südamerika.
Das ist zum einen aus sozialer Sicht problematisch, weil damit neo-koloniale Strukturen verfestigt werden, in denen Länder des globalen Südens nur Lieferanten einfacher Rohstoffe sind, während die Wertschöpfung durch Weiterverarbeitung in Europa stattfindet. Aber auch die ökologischen Folgen können fatal sein. Unter anderem besteht die Gefahr, dass mit dem Abkommen noch mehr wertvolle Waldgebiete gerodet werden, nur um Flächen zu gewinnen, auf denen Soja und Zuckerrohr angebaut werden. Diese Produkte würden dann als Rohstoffe für Tierfutter und Biokraftstoffe nach Europa transportiert, während klimaschädliche Verbrennerautos und giftige Pestizide nach Südamerika gebracht würden. Die Pestizide kommen als Rückstände, zum Beispiel auf importiertem Obst, dann wieder in europäischen Supermärkten an. Derartige Handelsrouten existieren natürlich bereits. Durch das EU-Mercosur-Abkommen in seiner aktuellen Form würden jedoch wirtschaftliche Anreize geschaffen, den Handel zu verstärken.
Greenpeace fordert eine Neuverhandlung des Abkommens. Dabei müssen rechtlich verbindliche Umwelt- und Sozialstandards festgeschrieben werden. Auch in München haben wir Unterschriften gesammelt und symbolische Übergaben der deutschlandweit gesammelten Unterschriften an lokale Bundestagsabgeordnete organisiert.
Mehr zur Kampagne für die Neuverhandlung des EU-Mercosur-Abkommens, damit Freihandel im Einklang mit Naturschutz und Menschenrechten stattfindet (Fokus auf Schutz des Amazonas-Regenwaldes)