Mehrere verschiedene Studien zeigen die negativen Auswirkungen auf Wolfspopulationen durch industrielle Forstwirtschaft — wie sie in den nördlichen Wäldern insbesondere für die Papierindustrie durchgeführt werden — Wölfe sind durch industrielle Forstwirtschaft insbesondere bedroht in Gebieten, die noch wenig erschlossen sind — wie z.B. in Urwäldern.
Zwei Hauptgründe sind für den Rückgang von Wolfspopulationen durch die Forstwirtschaft verantwortlich:
- Kahlschläge führen zu einer Reduktion der Hauptbeute. Der Wald spielt für den Wolf eine wichtige Rolle. Nicht so sehr benötigt er direkt die Bäume, als dass er auf Nahrung in Form von großen Beutetieren angewiesen ist. Seine Hauptbeutetiere sind alle Arten von Schalenwild (z.B. Rotwild, Elchwild, Cariboo, Schwarzwild, Rehwild). Durch die industrielle Forstwirtschaft werden die Lebensräume des Schalenwildes negativ beeinflusst. Durch verminderte Nahrung auf Kahlschlagflächen und deren Folgevegetationen nimmt der Schalenwildbestand und somit die Fleischressource des Wolfes ab
- Durch die für die Forstwirtschaft in den unberührten Wald eingebrachte Infrastruktur wie Waldstrassen werden große Gebiete für die Ausübung der Jagd insbesondere für die Freizeitjäger sehr viel besser zugänglicher. Die Jagd reduziert den Schalenwildbestand, aber führt auch zu erhöhten direkten Wolfsabschüssen.
Beispiel Alaska
Eine Studie über den Alexander-Archipelago-Wolf (Canis lupus ligoni) aus Süd-Ost-Alaska betrachtet die Auswirkungen von industrieller Forstwirtschaft auf die Wolfpopulationen. Die Hauptbeute (90 %) für den Wolf ist dort der Sitka-Schwarzwedelhirsch (Odocoileus hemionus sitkensis). Durch die Groß-Kahlschläge im Tongass-National-Forest wird die langfristige Bestandesdichte der Hirsche reduziert. Es fehlen für die Hirsche genug Futterpflanzen. Die Artenvielfalt der Urwälder wird umgewandelt in Brachflächen (Folgeerscheinung von Bodenerosion) oder in Monokulturen. Auch wenn kurz nach einem Kahlschlag genug Grasvegetation den Hirschen als Futter dienen mag, ist die Nahrungsquelle sehr reduziert, sobald die Gebiete aufgeforstet sind bzw. erodiert sind. Durch den hohen Niederschlag (bis zu 400 cm/Jahr) und die kurze Vegetationsperiode bedingt, können Erosionen den Mutterboden relativ schnell abtragen. Eine Wiederbesiedlung mit für Schalenwild essbaren Pflanzen geht nur sehr langsam vonstatten. Die Grasvegetation hat einen geringeren Nährstoffgehalt als die vorherige Urwaldgesellschaft. Einige wichtige Pflanzen wachsen unter den gepflanzten Forstkulturen überhaupt nicht mehr nach. Bei hoher Schneelage sind auf den Kahlschlagflächen alle Pflanzen mit Schnee bedeckt und unerreichbar für das Schalenwild. Dicke Urwaldriesen und eine reich strukturierte Baum und Pflanzengesellschaft bietet auch im Winter Einstand und Nahrung für das Schalenwild. Auch 30 Jahre nach einem Kahlschlag bietet sich für die Hirsche ein sehr mageres Nahrungsangebot unter den Nadelforsten am Boden (Person 1996) Nimmt die Schalenwilddichte ab, müssten die Wölfe ihr Territorium vergrößern oder auswandern, was aber aufgrund der örtlichen Gegebenheiten (Der Tongass besteht aus vielen Inseln) schwierig ist.
Die zweite Ursache für den Rückgang der Wolfspopulation, ist dass für die Forstwirtschaft angelegte Straßen den Menschen der Zugang in die, bislang weitgehend verschlossen gebliebenen, Waldgebiete erleichtert wird. Dies führt zu einer verstärkten Jagd auf diese Tiere in diesem Gebiet. So werden die Hirsche stark bejagt und reduziert aber auch Wölfe direkt geschossen. Wölfe dürfen vom 1.8. — 30.4. in Süd/Ost-Alaska gejagt werden. In Süd/Ost-Alaska wurden in den Jahren 1990 — 1995 1.163 Wölfe getötet (60 % in Fallen von Trappern). (Person 1996)
Das Holz aus dem Tongass wird zum größten Teil zu Papier verarbeitet. Die Holzernte bedroht über 65 % der Wolfspopulation in Süd/Ost-Alaska. (Person 1996) 1990 wurde die Spezies Wolf als eine durch den extensiven Holzeinschlag bedrohte Art identifiziert. Die Biodiversity Legal Foundation und ein unabhängiger Biologe aus Haines haben 1993 eine Petition an den US-Fish and Wildlife Service gerichtet, in denen Wölfe in Süd-Ost-Alaska als bedrohte Subspezies auf der Endangered Species Act gelistet werden muss, was aber abgelehnt wurde. Der Tongass-National-Forest (70 Mio ha) sollte zwar in großen Teilen geschützt werden vor neuen Straßen (Waldstrassenbau-Moratorium vom Januar 2001) — bis Bush an die Macht kam. 2003 folgte Bush den Empfehlungen der Papier- und Holzindustrie und erlaubte wieder großflächige Holzeinschläge in bislang noch unberührten Gebieten des Tongass in Süd/Ost-Alaska.
Eine Studie auf Prince of Wales Island im Tongass über die Nahrungsverteilung zwischen Wölfen in Urwäldern und in abgeholzten Gebieten zeigte eine signifikante Änderung in dem Beutespektrum. 182 Losungen wurden gesammelt (Nov 1992 — Juli 1994)
In der Losung der Wölfe in ungerodeten Wäldern war zu 97 % Sitka Schwarzwedelhirsch 33 % Biber, Schwarzbär und Lachs (Oncorhynchus kisutch) beteiligt. Bei Wölfen in abgeholzten Gebieten ist sind die Hirsche und Lachse weniger vertreten. Dafür treten dort Kanadischer Fischotter (Lutra canadensis) und Marderartige auf. Das Schalenwild war über die Jahreszeiten und die Fläche homogen im jeweiligen Beutespektrum.
Quellen
- The Alexander Achripelago Wolf — A Conservation Assessment,
David K. Person, Matthew Kirchhoff, Victor Van Ballenberghe, George C.Iverson und Edward Grossmann, USDA-Forest Service 11.1996 - A proposed strategy for maintaining well-distributed viable populations of wildlife associated with old-growth forests in south-east Alaska,
Suring L., Crocker-Bedford D.C., Flynn; USDA-Forest Service 1993 - Report on petition to list the Alexander Achipelago wolf under provision of the endangered Species Act, 12 month finding; USDA-Forest Service 1993
- Report on petition to list the Alexander Achipelago wolf under provision of the endangered Species Act, 12 month finding
US-Fish and Wildlife, Mollie Beattie - Diets of Wolves in Logged and Unlogged Forests of Southeastern Alaska, Masao Kohira, Eric A. Rexstad, The Canadian Field-Naturalist 1997 Vol III
Beispiel British Columbia
Eine weitere ähnliche Studie aus Kanada betrachtet die Auswirkungen von industrieller Forstwirtschaft auf die Wolfs- und Beutepopulation im Great Bear Rainforest an der kanadischen Westküste (gleich südlich des Tongass). Die Hauptbeute ist dort auch der Sitka-Schwarzwedelhirsch (81%). Der Kahlschlag (92 % der Einschläge in BC sind Kahlschläge (40 — 4.000 ha)) reduziert dort erheblich die Futterpflanzen für den Hirsch. Die dem Kahlschlag folgenden Gras-Landschaften würden normalerweise eher von Elchen besiedelt. Auch liegt im Winter erheblich mehr Schnee auf den Freiflächen, so dass das Schalenwild tiefer im Schnee einsinkt und nicht schnell flüchten kann. Aus diesem Grunde werden solche Flächen ab einer Schneehöhe von mehr als 15 cm vom Schalenwild im Allgemeinen gemieden (Darimont / Paqet, 2001). Die dann auf den Kahlflächen aufwachsende Baumverjüngung ist gleichaltrig und oft sehr artenarm (z.B. Fichten- oder Kiefern-Monokulturen), mit einem niedrigeren Habitat-Wert für die Rehe. Das dichte Kronendach beschränkt dann das Aufwachsen von Futterpflanzen für die Tiere. Das heisst dieser Standort bietet weniger Schalenwild-Tieren einen Lebensraum. Dieses hat dann natürlich große Auswirkungen auf die Nahrungskette, wie auf den Wolf, der am Ende der Nahrungskette steht. Die kanadischen Forscher machen die Forstwirtschaft für eine Reduzierung des Schalenwildbestandes um mindestens 20 % in diesen Gebieten verantwortlich (Darimont / Paqet, 2001).
Eine weitere wichtige saisonale Beute des Wolfes sind Lachse. Wölfe können bis zu 12 Lachse in 30 Minuten fangen. Lachse bieten den Wölfen eine sehr nahrhafte Beute. Die Lachse ziehen zum Ablaichen vom Meer wieder an die ursprünglichen Flussoberläufe, an denen sie geboren wurden. Durch die Kahlschläge wird der Lachsbestand gravierend reduziert, da durch Sedimentierung aus Bodenerosion die Flüsse durch die Lachse nicht mehr erkannt werden. Auch werden die Kahlschläge (verbotener Weise) oft bis zum Fluss/Bachufer vorangetrieben, so dass die Flüsse stark durch Holz verschüttet werden.
Die Fragmentierung der Waldgebiete durch die Forstwirtschaft hat auch eine Auswirkung auf die Schalenwildpopulation. Insbesondere gilt das für den im Winter in die tieflangen migrierenden Schwarzwedelhirsch. Die Tieflagen, die besonders extensiv von der Forstwirtschaft durch Kahlschläge fragmentiert werden, bieten für die Hirsche nur eine Überlebenswahrscheinlichkeit von 73 % wie McNay und Voller 1995 herausgefunden haben. Gegenüber Hirschen die in ungestörten zusammenhängenden Waldgebieten leben und zu 95 % überleben.
Durch den Holzeinschlag werden auch Gebiete durch Strassen erschlossen, die dann für Jäger sehr leichten Zugriff auf die Wolfspopulation bieten. Durchschnittlich 650 Wölfe werden pro Jahr alleine in dem kanadischen Bundesstaat British Columbia legal getötet.
Quellen
- Wolves of the Great Bear Rainforest, CT. Darimont, Dr Paul Paquet, Ch. Starr, J. Leonard ; Raincoast Conservation Society 2001
- The Gray Wolves of British Columbias coastal Rainforests: Findings from Year 2000 Pilot Study and Conservation Assessment, CT Darimont, P.Paquet, Raincoast Conservation Society
- Mortality causes and survival estimates for adult female Columbian black tailed deer, R.S McNay, J.M. Voller, 1995, Journal of Wildlife Management 59(1)